23Oktober
2016

One day in my southafrican life!

6.00 Uhr. Der Wecker klingelt. Die Sonne scheint schon in mein Zimmer. Während Ich mich langsam aus dem Bett quäle, denke ich öfters einmal an den Luxus der Schulzeit zurück, als der Wecker noch eine ganze dreiviertel Stunde später klingelte. 

Eine Dusche und das Daily-the-Same-breakfast bestehend aus Rooibuschtee und Joghurt mit Haferflocken und Crunch später, bin ich dann auch schon bereit, meinen Schulweg anzutreten. 7 Minuten laufe ich die zwei Straßen weiter zur Potch Primary, meiner Grundschule. Meistens habe ich jedoch Glück und irgendein netter Kollege sammelt mich auf dem Weg ein. ??

Pünktlich um 7.20 Uhr beginnt das Morning Meeting im Staff Room. Am Anfang musste ich etwas in mich hineingrinsen, denn das südafrikanische Lehrerzimmer gleicht einem gemütlichen Warte-, Entspannungs- oder Pausenraum: statt Papier- und Bücherchaos, Kaffeetassen, hektisch umherrenenden Lehrern und wartenden Schülern vor dem Eingang findet man im Staff Room lediglich gemütliche Stühle vor, die in Gruppen um einen kleinen Tisch stehen, sowie einen riesigen Wasserkocher und Unmengen an Rooibuschtee. 

Zurück zum Morning Meeting: vor versammeltem Kollegium erklärt der Principal wichtige Dinge zum Tag, gratuliert zum Geburtstag, nennt die Pausenaufsicht für den Tag und beendet das Treffen mit der meist rhetorischen Frage: "Is there anything from your side?"

Nachdem die letzten Teetassen geleert sind, begibt sich das Kollegium um 7.30 Uhr auf den Schulhof, wo die "Learners" ordentlich aufgereiht auf die Begrüßung ihres Schulleiters warten: "Good Morning to the best School of Potchefstroom!". Es folgt das "Vater unser", ein Vers aus der Bibel sowie die Motivation zu fleißigem und diszipliniertem Lernen. Immer noch ordentlich "in line" marschieren die Schüler dann zu ihrem Klassensaal, den zuerst die Mädchen und dann die Jungs betreten dürfen. 

 Die ganze Schule tritt an zum Morgenappell!

Mit dem schrillen Geräusch der Schulglocke, dass dem Feuermelder an deutschen Schulen gleicht, wird um 7.40 Uhr der Beginn der ersten Schulstunde angekündigt. Eine Stunde dauert in Südafrika 40 Minuten, nach drei Stunden gibt es 20 Minuten Pause, insgesamt sind es acht Schulstunden pro Tag. Freitags ist jede Stunde um fünf Minuten gekürzt. Das heißt für mich: Schule aus schon um 13.00 Uhr anstatt um 13.40 Uhr!?

Bei Schulbeginn ist aber noch nicht an den Feierabend zu denken, es gibt viel zu tun! Normalerweise bin ich einer 3. Klasse zugeteilt. Hier sitze ich neben Katleho (jaa, diesen einen Namen kann ich mittlerweile ??), einem unglaublich goldigen Bub, den ich schon nach den ersten paar Minuten ins Herz geschlossen habe. Eigentlich soll ich ihm wohl einfach helfen, während dem Unterricht besser mitzukommen. Allerdings fällt ihm vor allem Mathe sehr sehr schwer und so versuche ich ihm mit gerosteten nummerierten Bierdeckeln die dunkle und (ich spreche aus Erfahrung) sehr unbehagliche und komplexe Welt der Mathematik ein wenig zu erleuchten. Dies fordert allerdings größte Geduld und Ruhe, wenn der Junge nicht einmal 1+1+1 rechnen kann (das soll kein schlechter Scherz sein, das kommt hier wirklich öfter vor), dann stoße ich stark an meine Grenzen. Ich muss zugeben, das zieht einen schon runter, denn außer mir, scheint sich wohl keiner um ihn zu kümmern... die Lehrer sind mit den 30 übrigen Rabaukem schon gut beschäftigt und in seiner Familie findet er auch keine Unterstützung. Und auch ich kann ihm nicht die Hilfe geben, die er bräuchte, das macht mich traurig!

Irre ich nicht gerade mit Katleho durch die düstere Mathematikwelt, dann nehme ich der Lehrerin viel Korrekturarbeit ab. Englisch, Mathe, Life Skills und sogar Afrikaans... nichts entgeht meinen mittlerweile sogar echt geübten, gar nach Fehlern gierenden Adleraugen.

Meine dritte große Leidenschaft ist das Hüten von ganzen Klassen: denn irgendwie kommt es hier öfters vor, dass sich Lehrer mitten am Tag verabschieden (Elterngespräche oder auch mal ein wichtiger Gang zur Bank). Da komme ich ins Spiel. "If you give ma'am a hard time, then tomorrow it's me and you!", so oder ähnlich schallt meist die Drohung der Lehrer durch den Klassensaal. "Yes, ma'am!". Man könnte meinen, man hat es mit kleinen putzigen Erst-, Zweit-, oder Drittklässern zu tun, die aufs Wort hören. Äh nein! Der Schein trügt! Kaum hat die Lehrerin den Saal verlassen, fängt die ganze Klasse an zu quatschen, so geht es nicht einmal in den schlimmsten "Laberecken" in Deutschland zu. Die Hälfte der Klasse stürmt nach vorne: "Ma'am, this boy is hitting me!", "This girl took my pencil!", "Can I go to the bathroom?", " Can I drink water?", von hinten pirschen sich die Mädchen an: "Ma'am, your hair is so soft", "Can I play with your hair?". "NOOO! SIT DOWN, EVERYBODY, BE QUIET AND FALT YOUR ARMS!" höre ich mich schreien (ich gebe zu, beim ersten Mal war ich schon ein wenig entsetzt von mir selbst ?). Mittlerweile weiß ich, dass einmal schreien, quasi keinmal ist, denn man brüllt zunächst gegen eine Wand. Ist das Ohr der Bösewichte immerhin gewonnen, gilt es die trotzige Art durch gekonnte Argumente und Drohungen zu brechen und sie gefügig zu stimmen. Gleichzeitig ist es von Vorteil andere Pienschen und Wehwehchen sofort abzuwimmeln, denn die Gefahr, um den Finger gewickelt zu werden, ist allgegenwärtig! Es ist teilweise echt unglaublich anstrengend, aber es macht umso mehr Spaß, wenn die Kinder dann doch mal hören, man jemandem geholfen hat oder man einfach merkt, dass die Kinder einen trotz dem Geschreie doch noch mögen! Die vielen "Hello, ma'am", die von allen Seiten kommen, wenn man nur den Pausenhof überquert, die unzähligen Umarmungen kurz vor Schulschluss, jedes "Will you be in our class tomorrow?" gibt ein gutes Gefühl! 

 Es gibt sie doch: die braven fleißigen Schülerlein ??

Erschöpft, aber glücklich laufe ich nach Schulschluss weiter zum Kinderheim. Hier treffe ich auch die anderen Freiwilligen, wir essen zusammen, tauschen uns aus und chillen und sonnen uns im Poolhaus. 

Punkt 15.00 Uhr schallt auch hier einen feuermelderähnlichd Sirene über das ganze Gelände: Study Time. Getrennt nach Altersstufen erledigen die Kinder nun eine Stunde lang ihre Hausaufgaben. Wir passen auf und helfen bei Fragen, eigentlich eine ganz enstpannte Arbeit, die allerdings auch ein wenig langweilig werden kann, wenn die Kinder selbstständig sind und keine Fragen haben. 

Um 16.00 Uhr ist die Arbeit dann geschafft! Auf in den wohlverdienten Feierabend!

Diesen verbringen wir zu einem großen Teil damit, unser Häuslein in Schuss zu halten (vor allem Spülen und Waschen), zum 15 Minuten entfernten SPAR zu wandern, um Wasser aufzufüllen und die 5l-Kanister wieder nach Hause zu schleppen, zu planen, was wir als nächstes essen, tiefsinnige Gespräche zu führen, die nächste Aktion, wie Kino, Essen gehen, Grillen, Bar-Besuch oder Wochenendtrip, zu planen und natürlich den neusten Klatsch aus der Heimat zu eruieren. 

Damit ist der Tag auch schon gut gefüllt und ich muss zugeben, ich bin froh, wenn ich mich abends erschöpft in mein Bettchen legen kann ?

Ich hoffe, ich konnte Euch damit einen kleinen Einblick in meinen südafrikanischen Alltag geben!

Grüsse in die Heimat ??

Eure Jule